FRANZ-HOFER-PREIS 2002: OUTLAWS von Rolf Teigler

 

Inhalt: Vier jugendliche Straftäter arbeiten am Projekt eines Kurzspielfilms, der mehr oder weniger ihr eigenes Leben spiegelt. Im Laufe des Projekts öffnen sich die Jugendlichen dem Dokumentarfilmer, erzählen von ihrer kriminellen Karriere, den Überlebensstrategien im Knast und ihren Wünschen für die Zukunft. Einfühlsamer Film, der nichts beschönigt und dem es über den Kunstgriff eines Film-im-Films gelingt, eine große Nähe zu den Porträtierten aufzubauen. (Filmdienst)

Die Jugendstrafanstalt Ichtershausen bei Erfurt: Vier junge Strafgefangene erzählen aus ihren Leben, schildern ihre Knasterfahrungen.


Die Arbeit am Film machte den vier sichtlich Spaß und lenkte vom tristen Alltag ab; dem Regisseur Teigler ermöglichte sie, eine große Nähe zu seinen Protagonisten aufzubauen. Doch Teigler gibt sich mit der gruppendynamischen Kopfgeburt nicht zufrieden, sondern will diesen Film auch realisieren. Dafür muss auch die Rolle der Sybille besetzt werden; mit Feuereifer casten die Jungs ihre Hauptdarstellerin und beginnen mit den Dreharbeiten, bei denen sie selbst die männlichen Rollen übernehmen. Das Ergebnis ist ein reizvoller schwarz-weißer Film mit unterschwelliger Ironie, der den vorhergehenden Dokumentarfilm spiegelt und der der eigentliche Grund für die Offenheit der jungen Straftäter ist. Am Ende steht eine ebenso rührende wie bezeichnende Szene: Als die Darstellerin der Sybille nach den Dreharbeiten die Justizvollzugsanstalt verlässt, mag sich ihr Filmpartner gar nicht von ihr trennen, drückt sie an sich und will sie kaum mehr los lassen. Hier wird das Spiel für Augenblicke zur ersehnten Wirklichkeit. (Hans Messias, Filmdienst)

Vier Wochen lang hat der Filmemacher Rolf Teigler in der JVA Ichtershausen gedreht. Behutsam und einfühlsam nähert er sich den Jugendlichen, hört ihnen geduldig zu. Baut Vertrauen auf. Unspektakulär passiert das, ganz nüchtern und sachlich ist der Kommentar. Kein Zeigefinger, aber auch keine Beschönigung. Doch "Outlaws" ist mehr: Während der vierwöchigen Drehzeit erarbeiten einige der Strafgefangenen einen eigenen Kurzspielfilm. Sie entwickeln die Figuren, die Story, suchen nach den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den sozialen Hintergründen für die kriminellen Taten. Eigentlich erzählen Felix, Andreas und ihre Kumpel ihre eigene Geschichte, jeder steuert was bei, und so geben sie auch nach und nach immer mehr von sich selbst preis. Heraus kommt ein spannender Schwarz-Weiß-Film der am Ende mit einer sehr dichten, berührenden Szene viel von der Realität erzählt.
(Thomas Reinhardt, Saarbrücker Zeitung)

Der Regisseur Rolf Teigler hat jenes Wunder vollbracht, das im Dokumentarfilm immer wieder von neuem möglich ist: einem Ausschnitt der Wirklichkeit so viel Raum zu geben, dass er sich vor unseren Augen mit seiner eigenen Logik und der eigenen Stimme entfalten kann, um uns zu überraschen und in den Bann zu ziehen.

Wenn es gelingt, dann eröffnet die kleine Welt, der wir dort begegnen, ein Verständnis nicht nur für diese, sondern auch für die großen Zusammenhänge und Gefühle, die die Welt bewegen. So ist Teiglers Film "Outlaws" nicht nur das Porträt einer Gruppe von Gefangenen in der Jugendhaftanstalt Ichtersleben sowie das Bild einer Generation von Jugendlichen, die in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung mit der ganzen Härte unseres innerdeutschen clash of cultures konfrontiert wurde, sondern auch ein Film über die Mythen der Jugend, über die Sehnsucht, sich über alle Regeln und Grenzen hinwegzusetzen, ohne Rücksicht auf sich selbst oder andere.

Wie von selbst ergibt sich für den Zuschauer dabei so etwas wie das eigentliche making of des deutschen Gangsterkinos. Angesichts der Schlagfertigkeit und Überzeugungskraft, mit der die jungen Männer über ihre kriminelle Vergangenheit reden, über die kleinen Coups und das große Geld, wirken all die Til Schweigers, Ben Beckers und Jürgen Vogels plötzlich nur mehr wie ein Abklatsch ihrer echten Kollegen.

Wer beim Thema kriminelle Jugendliche im Osten Deutschlands die verstockten Gesichter und unbeholfenen Drucksereien vermutet hat, die aus so vielen Fernsehdokumentationen hinlänglich bekannt sind, der wird hier sehr überrascht sein...

Mit seinen behutsamen Fragen, einer komplizenhaften Kamera und der ruhigen Montage von Großaufnahmen der Gesichter und mit Bildern der Zellen, Flure und Gefängnisgebäude ist Teigler ein vielschichtiges Bild von "da drinnen" gelungen. Vom Innern des Gefängnisses und von den Gefühlen der Jugendlichen da draußen in Thüringen. (Ilka Schaarschmidt, Tageszeitung)


Biofilmographie Rolf Teigler

  1. 1957 geb. in Unna (Westfalen)

  2. Lehrer in North Yorkshire/England

  3. Studium an der DFFB Berlin

  4. Abschlussfilm: "Die verlorenen Kinder"

  5. Filmworkshops und Dozent an verschiedenen Filmhochschulen

  6. Videoarbeit mit Strafgefangenen



Jury:

Dr. Andrea Dittgen (Filmkritikerin),*

Tobias Kessler (Filmkritiker),*

Albrecht Stuby (Amt für kommunale Filmarbeit),*

Klaus Peter Weber (Kameramann)

Regie:

Rolf Teigler

Drehbuch:

Rolf Teigler

Kamera:

Lars Barthel

Schnitt:

Inge Schneider

Musik:

Michael Ferwagner, Ralf Forster

Ton:

Marc von Stürler

Darsteller/innen:

Andreas, Dominik, Felix, Marcel, Michael, Rocco, Natalie Hünig

Produktion:

Der Garten/ZDF/ORB

Produzent:

Jörg Streller


Deutschland 2000


35 mm


Farbe und s/w


93 Min.

Verleih:

Basis-Film

Körnerstraße 59

D-12169 Berlin

Tel. 030/7935161/71

Fax 030/7911551

e-mail: info@basisfilm.de

Internet: www.basisfilm.de

Dies alles ergibt sich so nebenbei scheinbar ohne ordnende Struktur, im Gespräch mit dem Filmemacher und untereinander, beim Flachsen, in Alltagssituationen. Ein Gefängnisleben immer wieder kommen Bilder von menschenleeren Korridoren ins Blickfeld, sie bilden den Rahmen des Films, der mehr sein will als eine bloße Zustandsbeschreibung: während der vierwöchigen Dreharbeiten entwickelten die Jugendlichen einen eigenen Kurzspielfilm.