2. MAX OPHÜLS PREIS 1981

 



Der erste MAX OPHÜLS PREIS fand ein breites, überaus positives Presse-Echo. So positiv, dass der Saarbrücker Stadtrat bereits am 15.10.80 die Erhöhung der Preissumme auf 20.000 DM beschloss. Darüber hinaus gab es einige wesentliche Änderungen der Richtlinien, für die weitere Vergabe des MAX OPHÜLS PREISES. Zum einen sollte in Zukunft die Verleihung des Preises jeweils im Januar stattfinden. Damit wollte man den vollbesetzten Terminplan von Filmfestivals, -messen, -tagungen und Preisverleihungen in der Jahresmitte zwischen Mai und September berücksichtigen. Ein bereits im Januar verliehener Filmpreis und sein Träger sollten in der bundesdeutschen Filmszene größere Beachtung finden als ein Preis, der in der Jahresmitte einer von vielen ist.


Des weiteren änderte man die Richtlinien dahingehend, dass aus dem beschränkten Wettbewerb, zu dem die Filme bisher vorgeschlagen wurden, ein offener Wettbewerb würde, bei dem die Regisseure und Regisseurinnen ihre Filme selbst einreichen konnten. Der Gesamtetat des Festivals belief sich auf 68.000 DM. Die Besucherzahlen stiegen 1981 auf 2.122 an. Erstmals beteiligten sich RegisseurInnen aus der Schweiz mit Co-Produktionen. Im Wettbewerb konkurrierten 18 Filme. Das rundum positive Echo auf Verlauf und Ergebnis des zweiten Saarbrücker Wettbewerbs für Nachwuchsregisseure etablierte damit den mit 20.000 DM dotierten alljährlichen Preis.


Der 2. MAX OPHÜLS PREIS 1981 wurde vergeben an

TAXI ZUM KLO von Frank Ripploh
Die Jury (Georg Bense, Heidi Genée, Johannes Schaaf, Nikolaus Schilling, Wolfram Schütte): "eine im Sinne von Max Ophüls erotische Komödie".
Frank Ripploh in seiner Dankesrede: "Ich möchte der Jury nachträglich für so viel Mut und Vertrauen danken, diesen von mir aus persönlichen und privaten Film zu honorieren. Froh macht mich, dass meine Entscheidung, Privatleben öffentlich zu machen, auf so viel Gegenliebe gestoßen ist. Für mich ist es ein Zeichen, dass ein Bedürfnis besteht, persönliche Probleme, Ängste und Phantasien zu thematisieren."

Gegen die Preisvergabe an Frank Ripploh gab es durchaus Widerstand, der aber von Oberbürgermeister Oskar Lafont
aine souverän übergangen wurde. In seiner Laudatio verteidigte der Journalist und frühere Leiter der Berliner Filmfestspiele, Wolf Donner, den Film gegen Vorwürfe, er sei obszön, pervers oder pornografisch. Es gehe vielmehr um die Sehnsucht eines Menschen. Man könne den Film als Provokation ansehen, aber wenn gerade der Nachwuchs, die jungen, neuen Regisseure, eine Qualität habe, "dann die, zu provozieren, sich nicht konventionell zu verhalten." Donner: "Kunst und Provokation, das ist eine gute heilige Allianz." Denn Provokation im Bereich der Kunst heiße, und das leiste dieser Film, "einen Test zu wagen über unser aller Toleranzschwelle, heißt, Anstöße zu geben, über bestimmte Probleme nachzudenken."


Wolf Donner plädierte in einer Laudatio bei der Vergabe des Preises an Frank Ripploh dafür, sich zur erreichten Größenordnung und zum tatsächlichen Status eines Festivals zu bekennen, zum anderen aus dem MAX OPHÜLS PREIS wirklich einen jährlichen Treffpunkt der deutschen Avantgarde, ein wirkliches Forum für den Nachwuchs werden zu lassen, wo alle jungen Regisseure und Regisseurinnen ihre Probleme diskutieren, ihre Forderungen artikulieren und sich in einem ersten Härtetest präsentieren können; der MAX OPHÜLS PREIS als das Deutsche Nachwuchsfilmfestival. Von anderer Seite wurde der Vorschlag gemacht, um einer Flut von Anmeldungen, die dann auch in den Wettbewerb kämen, vorzubeugen, eine Vorauswahljury vorzuschalten. Ideen und Vorschläge, die den MAX OPHÜLS PREIS in den nächsten Jahren seine Richtung weisen sollten.

Wolf Donner sprach in seiner Laudatio aber auch ein anderes Problem an, das nun auf das Saarbrücker Festival zukam: "... Man sagt Max-Ophüls-Preis und man meint inzwischen das Festival von Saarbrücken. Damit haben sie in diesem Jahr ernste Schwierigkeiten gehabt und damit werden sie in Zukunft noch ernstere Schwierigkeiten bekommen. Was offeriert der Max-Ophüls-Wettbewerb in Saarbrücken? Ein immer größeres buntgefächertes Programm, einen Wettbewerb, eine Jury, Presse, Filmfachleute, geladene Regisseure der teilnehmenden Filme, eine bewundernswert professionelle und rührige Werbearbeit nach außen, das heißt: ein Festival...
Sie werden Ärger kriegen mit anderen Festivals. Das ist im Moment noch im Stadium des Gemunkels, aber es wird kommen, es gibt einen Beschluss einiger deutscher Filmfestivals, Filme nicht zuzulassen zum Hauptprogramm, die vorher in Saarbrücken am Max-Ophüls-Wettbewerb teilgenommen haben. Und diese deutschen Festivals werden ihre Boykottdrohung damit begründen, hier habe sich durch die Hintertür ein neues Festival etabliert...“

Es blieb nicht bei dem Gemunkel. Die anderen deutschen Festivals reagierten auf Saarbrücken. Berlin, Mannheim, Oberhausen und Hof sahen in Saarbrücken eine unerwartete Konkurrenz und versuchten dem zu begegnen. Im Berliner Stadtmagazin ZITTY konnte man lesen:



Mit ihrem neuen Film 'Vom Überstehen der Stürme’ über eine Hinterhofgemeinschaft in Gelsenkirchen waren Hans-Georg Ullrich und Detlef Gumm im Wettbewerb um den Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken vertreten und ursprünglich sollte der Film auch im diesjährigen 'Forum’ vorgestellt werden, doch dies wurde im Hinblick auf die Beteiligung in Saarbrücken abgelehnt. Merkwürdig ist das schon, denn das herausragendste Ereignis des diesjährigen Forum-Programms war der Film ‚Stalker’, der zuvor schon in Cannes präsentiert wurde. Hier wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen.“

Festivalleiter Albrecht Stuby ließen die Boykottdrohungen weitgehend kalt. Er knüpfte Kontakte zum schweizerischen Festival in Locarno und den damaligen österreichischen Filmtagen in Kapfenberg und öffnete den Wettbewerb auch offiziell für die Schweiz und Österreich. Über Oberbürgermeister Lafontaine wurden gar erste Kontakte in die DDR hergestellt.


Anlässlich der Berliner Filmfestspiele 1982 schrieb Michael Beckert in der Saarbrücker Zeitung:


Salü Berlin:
Fragen an die Provinz

Salü Saarbrücken. Der herzliche Gruß prangt an einigen Säulen der Arkaden vor dem Festspiel-Zentrum. Auch in den Pressefächern konnten Journalisten dieser Tage Grüße von der Saar vorfinden: Hinweise auf den neuen Max-Ophüls-Preisträger Frank Ripploh, dessen Film "Taxi zum Klo" in der Reihe "Neue deutsche Filme" auch in Berlin zu sehen ist.

Ein völlig neues Berlinale-Gefühl also. Begegnete man sonst auf die Auskunft, man komme aus Saarbrücken, den verständnisvoll-mitleidigen Blicken, mit dem Weltstädter Provinzler zu bedenken pflegen, so ist die Reaktion diesmal respektvolles Staunen verbunden mit der Feststellung "Ihr wart ja ganz schön mutig."

Die so staunen, können es fast nicht glauben, dass die Saarbrücker Entscheidung für Frank Ripploh keinen Skandal verursacht hat. Und sie stellen entsprechende Fragen. Die man in diesem Fall gern beantwortet. Nein, die CDU hat nicht protestiert. Doch doch, der Preis wird im nächsten Jahr wieder verliehen. Und... und ...und...

Ein leichter Anflug von Stolz stellt sich ein. Stolz darauf, dass die ausgebliebene öffentliche Empörung wegen einer sicher unbequemen Entscheidung draußen und insbesondere in Berlin auf Respekt gestoßen ist. Besser lässt sich für den Max-Ophüls-Preis nicht werben.