26. MAX OPHÜLS PREIS 2005

 

Das Tagebuch der langen Kinonächte


In seinen "Nachtnotizen" hat SR-Reporter Sven Rech wieder mit spitzer Feder festgehalten, was sich so im Herzen und am Rande des Festivals an Kommentarwürdigem ereignet hat....

Sonntag, 23. Januar: Abschied

Das Fest ist aus. Zum Schluss - am Sonntag - wurde noch einmal viel gelacht, viel geweint und sich viel um den Hals gefallen. Auf Wiedersehen, es war so schön!Preise wurden auch vergeben, aber das war reine Formsache. Denn die diesjährige Jury hat ihre Urteile zur Sicherheit schon mal bei den nächtlichen Diskussionen und Partys zum besten gegeben - teilweise haben wir ja bereits darüber berichtet. Offenbar hat ein Jurymitglied sich auch am Samstagabend zu einer Indeskretion hinreißen lassen, und zwar vor der - zugegeben - auch sehr hinreißenden Schauspielerin Lavinia Wilson. Offenbar nicht wissend, wie er sie sonst anbaggern könnte, ist das Jurymitglied M. anläßlich einer Tanzveranstaltung in Lolas Bistrot bei der jungen Dame mit den Worten: "Herzlichen Glückwunsch zum Darstellerpreis" vorstellig geworden. Die selbst in dieser Situation immer noch hinreißende Lavinia Wilson ließ sich von dem Jury-Kavalier jedoch dennoch nicht hinreißen, sondern wies ihn mit ein paar abgerissenen Worten ab. Der Plan, mit einem vorgeschobenen blauen Herz das reine Herz der jungen Schauspielerin zu erobern, musste somit als gescheitert gelten.

Ein Kavaliersdelikt, wie gesagt, das als Einzelfall sicher verzeihlich ist (sie ist wirklich hinreißend!), aber dennoch nicht unbedingt Schule machen sollte. Denn nicht immer steht außer der Preisverleihung auch der Abschied vom Festivalleiter auf dem Programm, und nicht immer hat das Festival seinen Chef so lieb wie in diesem Fall. Man wüsste also gar nicht, was man noch sagen sollte, wenn alle schon die Preisverteilung kennen und sich für den Festivalchef nicht interessieren würden.In diesem Jahr aber ging - wie gesagt - der Jury-Lapsus unter in einer allgemeinen Boris-Penth-Gedächtnis-Feier. Aus einer der hinteren Reihen zischte es boshaft, das grenze ja schon an stalinistischen Personenkult, aber ganz so schlimm ist es denn doch nicht gewesen. Das Antlitz von Festivalstammvater Stuby, das in jedes Ophülsbüro streng, aber gerecht auf die Schreibtische und in die Gedanken der Mitarbeiter hinabschaut, wird auch in Zukunft nicht durch ein Penth-Porträt ersetzt werden; und nach unseren Informationen ist auch weder an eine Umbenennung des Festivals noch an eine Neugestaltung der Trophäe gedacht. Obwohl: Nach den Thermoskannen, die sie jetzt verschenken, würde einen ein Goldener Boris auch nicht mehr wundern. Nicht mal ein nackter. Wir wollten dem scheidenden Ophüls-Chef aber keine Lästerungen hinterherrufen, sondern ein großes Dankeschön. Denn ihm ist es zu verdanken, dass das Festival mittlerweile einen solchen Ruf hat, dass selbst der allererste Ophüls-Preisträger wieder nach Saarbrücken zurückgekommen ist - und das, obwohl neben dem Ophüls-Silberbecher, den es damals gab, längst ein Oscar im Trophäenregal steht: Volker Schlöndorff. Der Ehrengast. Solche Gäste ehren das Saarland. Hätten wir nur mal solche Politiker!

Denn erwähnen muss man hier noch den wenig rühmlichen Auftritt des Finanzministers J. Der tat so, als habe er eben persönlich des Ophüls-Festival vor der Pleite gerettet - dabei hat er mit der Finanzierung desselben recht wenig zu tun. Verantwortlich ist er vielmehr für das drohende Kaputtsparen des Theaters, auf dessen Bühne er sich gerade befand. Was soll man dazu sagen? Schade, dass immer nur die guten Leute gehen. (Sven Rech)